Film: Die Schneekatastrophe im Winter 1978/1979

Teil 1: Silvester 1978/79

Nachdem die Weihnachtsfeiertage 1978 ungewöhlich mild verliefen, kam es zu Silvester zu einem ersten Kälteeinbruch. Temperaturen von  -10 °C verbunden mit heftigem Windböen sorgten für Schneeverwehungen ungeahnten Ausmaßes.

Ursache hierfür war der extreme Wetterunterschied zwischen Nord und Süd: im Schwarzwald lagen die Temperaturen noch bei +15 °C, der südliche Teil Deutschlands lag unter einem Tiefdruckgebiet, welches vom Atlantik her feuchte und milde Luftmassen herbeiführte. Währenddessen bildete sich über Skandinavien eine starke Kaltfront, die am 28. Dezember über der Ostsee mit den milden Luftmassen aus dem Südwesten zusammentraf.

Rehe in Harsweg
Rehe in Harsweg

Die Folge war ein extremer Temperatursturz von bis zu 30 °C, verbunden mit heftigem Schneefall und Sturm bis Windstärke 10. Ostfriesland lag nur am Rande der Unwetterfront, die am heftigesten über Schleswig-Holstein und der ehemaligen DDR wütete. Daher waren die Folgen hier nicht so gravierend.

Teil 2: Februar 1979

Längst hatte Tauwetter die meisten Spuren des ersten Schneesturms verwischt, da kam es am 13. Februar 1979 gegen Abend zu einem erneuten Unwetter. Diesmal wurde Ostfriesland mit voller Härte getroffen. Die Wetterlage war ähnlich wie beim ersten Mal, das Zentrum lag jedoch weiter westlich.

Straße nach Hinte
Straße nach Hinte

Eisiger Ostwind der Stärke 10 verbunden mit heftigem Schneefall und Temperaturen unter minus 10 Grad sorgten am nächsten Tag für ein Chaos: Schneewehen in Häusergröße versperrten die Durchgangsstraßen und begruben die Autos vollständig unter sich. Es wurde Katastrophenalarm ausgelöst, sämtliche Hilfsorganisationen, Feuerwehren und auch die Bundeswehr war im Einsatz. Die Bezirksregierung verhängte ein Fahrverbot. Doch selbst für die Bergepanzer des damaligen ABC-Abwehrbataillons 110 gab es oft kein Durchkommen mehr. Die Schule fiel mehr als eine Woche aus, und während sich die Erwachsenen mühsam zur Arbeit durchkämpfen mussten, eingefrorene Heizungen reparierten oder eingeschneite Autos befreiten, hatten die Kinder ein Schneeparadies.

Die Menschen hielten zusammen, als sich nach 2 Tagen das Wetter etwas beruhigte, wurden gemeinsam die Straßen freigeräumt, Autos von der Straße geschoben und zu Fuß Einkäufe für ältere Menschen erledigt. Trotzdem waren viele Ortschaften und Bauernhöfe noch tagelang von der Außenwelt abgeschnitten, medizinische Hilfe gab es nur aus der Luft, zum Einkaufen musste man sich durch die Schneewehen kämpfen. Die Landwirte konnten ihre Milch nicht loswerden und füllten sie teilweise sogar in Badewannen. Telefon und Strom fielen aus, Handys gab es noch nicht. Die Schneefräsen mussten teilweise aus Bayern importiert werden. Erst am 21. Februar wurde das Fahrverbot wieder aufgehoben und die Lage begann, sich zu normalisieren. Sehr zum Leidwesen der Kinder, denn auch die Schule ging wieder los.

Im März gab es dann das große Tauwetter mit Überschwemmungen in ganz Ostfriesland. Das Wasser konnte teilweise nicht abfließen, ganze Felder und Wiesen standen ebenso wochenlang unter Wasser wie zahlreiche Straßen und Keller. Die Feuerwehren waren im Dauereinsatz, Bagger mussten die Schneemassen aus den Gräben entfernen, damit das Wasser halbwegs abfließen konnte. Trotzdem standen selbst im April noch viele Ländereien unter Wasser.

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Der Film

Ich hatte mir als Jugendlicher zu dem Zeitpunkt meine erste Super-8 mm Filmkamera gekauft, eine Bauer C108. Eingepackt in Plastiktüten und mit etlichen Reservebatterien ausgerüstet konnte ich einige Szenen festhalten. Die meisten Aufnahmen entstanden in Emden-Harsweg oder in Hinte-Haskamp.

Fußballplatz Suurhusen
Fußballplatz Suurhusen

Man erkennt ein Auto, welches trotz eingefrorener Handbremse mit blockierenden Hinterrädern fuhr. Autos mit Frontantrieb und Winterreifen waren klar im Vorteil. Die Straße nach Suurhusen (damals gab es noch keine Umgehungsstraße) war jedoch bald ebenso unpassierbar wie die Straße nach Hinte. Selbst der Bergepanzer der Bundeswehr brach schon nach kurzer Zeit den Versuch ab, nach Hinte durchzukommen, denn viele Autos waren vollständig unter dem Schnee begraben. Erst nach mehreren Tagen bis Wochen konnten die Straßen mit Raupenfahrzeugen geräumt werden. Dabei wurde so manches Auto schwer beschädigt.

Die Waldaufnahmen wurden in der ehemaligen Gärtnerei Bömeke und im alten Schießstand Suurhusen gemacht, die Feldaufnahmen im heutigen Emder Stadtwald. Der komplett überflutete Sportplatz am Ende ist der ehemalige Sportplatz Suurhusen.

Bildergalerie aus dem Film


Kommentare

9 Antworten zu „Film: Die Schneekatastrophe im Winter 1978/1979“

  1. Dagmar Schäpers

    Ich traute meinen Augen kaum: Ein Hase saß im Apfelbaum und knabberte an den Zweigen. Meine Mutter warf ihm aus dem Obergeschoss Steckrüben zu.
    Wie das sein konnte? Der Ostwind fegte den Schnee vom Jadebusen kommend über die Weiden ans Dorf heran. Mein Elternhaus stand in Sande am Ortsrand. In unserem Garten begann der Schnee sich bis auf Geschosshöhe, vielleicht 3-4 Meter, aufzutürmen, im übernächsten Garten erreichte die Wehe Haushöhe, ca. 8 Meter. Wundersamerweise konnten wir ungehindert um das Haus herumlaufen, es gab eine Art Tunnel mit überhängender Wächte. Der Vorteil war, dass das Untergeschoss dem Wind nicht mehr ausgesetzt war und nicht so stark auskühlte. Der Nachteil: es blieb dort recht dunkel. Es war sehr kalt, nach meiner Erinnerung am 13.2. morgens um 6.00 Uhr -20 Grad, im Tageslauf dann -15 Grad.
    Wir stellten schnell fest, dass wir uns unter diesen Bedingungen nicht auf den Weg zur Schule nach Wilhelmshaven machen mussten – alsbald kam auch die Bestätigung über die Radionachrichten. Stattdessen bewaffneten wir uns mit Schippen und Schaufeln und buddelten uns zu den Nachbarn durch. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite war der Bürgersteig beinahe begehbar, aber die Leute kamen kaum aus dem Haus heraus. Wir gruben uns durch, und wurden zum Dank mit Heißgetränken belohnt. Auf die Art kam ich zum ersten Schwips meines Lebens … Wir waren eine unbeschwerte Truppe junger Leute um 18 Jahre – dennoch erfüllten wir uns den kindlichen Traum von einer Schneehöhle im elterlichen Garten. Mitten hindurch zog sich die Wäscheleine. Selbstverständlich übernahmen wir in der Woche der Abgeschnittenheit Einkaufs- und Hilsdienste in der Nachbarschaft, und außerdem hatten wir 2 unfreiwillige Gäste, Lastwagenfahrer, die auf der nahen Bundesstraße mit ihrem Fahrzeug festsaßen. Sie sprachen keine uns bekannte Sprache und hatten weder eine warme Jacke noch feste Schuhe, sodass sie dann auch in unserer warmen Stube zunächst festsaßen. Aber es fanden sich doch Nachbarn mit passender Kleider- und Schuhgröße, die aushelfen konnten, und dann konnten unsere Mitbewohner draußen mit anpacken.
    Eine Woche lang rückte das Dorf in der Isolation zusammen, und da wir nichts Schlimmes erleben mussten, war es ein Erlebnis, das mich bis heute, 2023, prägt und mich an das Gute im Menschen glauben lässt. Traurig machten uns aber die Nachrichten von den Bauern, die oft Stromausfälle hatten, deren Scheune unter der Schneelast zusammenbrach, die in der Kälte Vieh verloren.
    Dagmar Schäpers

  2. Mit welcher Methode wurde der Super-8-Film digitalisiert? Ich habe bis jetzt nur Versuche mit Filmen nach dem Fälker-Prinzip gemacht:
    http://www.faelker.de/Super8/

    1. Ich habe den Service von
      http://www.dvds-burning.de/
      genutzt.

  3. Monika Ibrahim

    Habe in Emden in einer Bäckerei gearbeitet. Mehl wurde dringend benötigt. Dies wurde von den Hubschraubern der Bundeswehr geliefert. Diese konnten in der Stadt nicht landen. Das Mehl wurde abgelassen. Es kamen viele Kunden mit dem Schlitten aus den Dörfern. Sind viele Kilometer gelaufen. Die Bäcker konnten gar nicht so schnell backen. Die Zeit war erschreckend.

  4. Ich wohnte mit meinem Mann zu der Zeit in Plaggenburg. Außerdem war ich schwanger mit Zwillingen. Die Nachbarschaft hat zusammen gehalten. An einem Tag sind die Männer mit Schlitten nach Aurich gelaufen um Brot und andere Lebensmittel zu kaufen. Es wurden auch Sparziergänge unternommen, an denen ich nicht teilnehmen durfte. Das machte mich etwas traurig. Ein paar Tage später, durfte ich doch mit meinem Mann laufen. Teilweise krabbelte ich über Schneewehen, die so hoch wie ein Haus waren. Es war zwar etwas anstrengend, aber auch sehr, sehr schön.

  5. Günther Klein

    Ich wohnte zu der Zeit in Emden – Petkum, Blumenweg. Wir waren
    eingeschneit und konnten nicht mit dem Auto zur Hauptstraße kommen. Ich bin zur Hauptstr./Bundesstr. gegangen und habe einen
    Panzer der Bundeswehr angehalten. Ich konnte den Kommandanten über reden, einmal die Straße , bis zum Blumenweg von Schnee zu befreien. Dafür erhielten sie, Cigaretten von mir. Wir konnten alle, wieder zur Bundesstr. fahren. (der Panzer hatte ein Räumschild)

  6. Torsten Hilbers

    Ich war damals 5.Jahre alt. Mein Vater hat bei uns ein großes Loch gemacht wo er mich und meine Geschwister rein gestellt hat. Wir konnten das Dach vom Elternhaus nicht sehen. Für uns Kinder wahr es der Wahnsinn. Aber was die Erwachsenen bei uns in der Nachbarschaft geleistet haben ist einfach nur klasse gewesen. Es wurden wege frei gemacht und jedes Haus hat sich mit Lebensmitteln ausgeholfen

  7. Ich war 1978 11 Jahre alt!
    Und kam damals gerade aus dem Krankenhaus in Bremerhaven
    Keine Autos auf den Strassen so das ich bei uns mit dreirad
    Fahren konnte! Das vergisst man nicht!
    Aber ich glaube nicht das die hifsbereitschaf von damals
    Heute nicht mehr möglich wäre! Jeder denkt nur an sich
    Und fragt was bekomme ich da für?

  8. Ich erinnere mich noch gerne an die Zeit, als wir beide im Schneegestöber filmend und fotografierend durch die zugeschneite Landschaft gelaufen sind und viele Meter Film belichtet haben.

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